von Jörg Gastmann, 19.02.2017

economy4mankind gehört zur #bernieorbust – Fraktion. Also zu denen, die entweder Bernie Sanders oder die Niederlage der US Democrats mit Hillary Clinton wollten. Michael Moore nannte es „das größte FUCK YOU der Menschheitsgeschichte“. Wir haben es bisher keine Sekunde bereut. Denn da Sanders nicht siegen durfte, ist Trumps Wahlsieg das Beste, was passieren konnte – gerade wenn er extrem schlecht sein würde. Aber aus anderen Gründen, als Sie wahrscheinlich vermuten.

Das größte „FUCK YOU“ der Menschheitsgeschichte

Der entscheidendste Faktor für Trumps Sieg war – wie Michael Moore es voraussah – dass ihn die Wähler wie eine Handgranate ins Getriebe des Systems werfen konnten, das sie zu Verlierern macht. Wenn ihn die Konzerne, die etablierten Politiker und die Massenmedien hassen, dann scheint er der Feind der Feinde der Mittelschicht zu sein. Also wird sie ihn wählen. Und genau so kam es: Das „größte „FUCK YOU“ der Menschheitsgeschichte“:

Weckruf: Hauptsache, Clinton hat verloren

clinton korruptionDas Schlimmste, was bei der US-Präsidentschaftswahl hätte passieren können, wäre ein Sieg Hillary Clintons gewesen. Dann wäre alles weiter gelaufen wie bisher. Die Marionetten der Eliten beherrschten weiter das politische Show Business. Außenseiter wären weiter erfolglos geblieben. Die “Systemmedien” könnten sich weiterhin sicher sein, daß sie die Macht haben. Kandidaten hoch- und niederzuschreiben.

Einer der großen Vorteile von Trumps Sieg ist, dass die Eliten die Kontrolle verloren haben. Trump ist zwar ein Oligarch und Teil der Elite, aber innerhalb der Elite auch wieder ein Außenseiter, den niemand kaufen oder kontrollieren kann (wie man jeden Tag auf Twitter und bei Pressekonferenzen sieht). Trump könnten die Eliten nur auf die gleiche Weise aus dem Weg räumen wie Kennedy – aber das werden sie nicht tun, weil als Milliardär seine Agenda die gleiche ist wie die der restlichen Eliten: Steuererleichterungen für die, die ohnehin im Überfluss schwimmen, Raubtierkapitalismus und Politik als Show von Illusionisten.

Dennoch: Die Eliten und Systemmedien sind immer noch schockiert von ihrem Kontrollverlust und suchen täglich nach Wegen, diesen “Betriebsunfall” rückgängig zu machen. Vielleicht setzt der Schock aber auch ein Umdenken in Bewegung: Es kann auf Dauer nicht so weiter gehen mit einem System für sehr wenige Sieger und sehr viele Verlierer. Diese Wahl ist ein Weckruf und nur der Anfang vom Ende des Umverteilungssystems von unten nach oben.

clinton lügen

Revolutionärer Schritt in Richtung economy4mankind: Die „Border Adjustment Tax“

Praktisch alle Politiker ignorieren die 5 Hauptursachen der von Arbeitslosigkeit und Niedriglohn. Und nicht nur das: Fast alle wollen die Probleme sogar noch verschärfen, indem

  1. Lohnkosten weiter gedrückt werden,
  2. Profite weiter maximiert werden,
  3. die Produktivität maximal gesteigert wird,
  4. die Qualifikationsanforderungen unendlich steigen und
  5. alle Menschen global mit den niedrigsten Löhnen konkurrieren sollen.

Trump will zumindest den letzten Punkt dämpfen und kündigte mit der „Border Adjustment Tax“ (BAT) Strafsteuern an für das parasitäre Geschäftsmodell:

  • im billigen Ausland zu produzieren,
  • Gewinne in Steueroasen zu verschieben und
  • die USA lediglich als Absatzmarkt zu benutzen.

Mit der BAT werden Produkte nicht mehr dort besteuert, wo Gewinne verbucht werden, sondern dort, wo sie verkauft werden (was viel mehr Sinn macht und die Grundlage von economy4mankind ist). Die BAT ist eigentlich das Projekt des Republikanischen Kongressabgeordneten Kevin Brady und des Republikanischen Kongress-Fraktionschefs Paul Ryan. Seltsamerweise lehnte Trump in einem Interview mit dem Wall Street Journal die BAT ab, weil sie zu kompliziert sei. Verstehe einer, was in diesem Mann vorgeht…

Wie auch immer: Trump wird scheitern, weil er die anderen 4 Gründe ignoriert. Er will z.B. Apple zwingen, die IPhones in den USA fertigen zu lassen. Was er noch gar nicht mitbekommen hat: Die meisten Jobs der Apple Zulieferer wie Foxconn (und aller anderen Industrieunternehmen) wurden entweder bereits durch Automation ersetzt oder stehen kurz davor, wie Patrick Spät in diesem wichtigen Artikel bei Telepolis erläutert.

Aber immerhin bricht er das Tabu, nicht am Wirtschaftssystem zu rütteln. Neoliberale Medien wie der Spiegel, die überhaupt nicht begriffen haben, was ökonomisch vor sich geht, sind entsetzt und sehen die „heilige Globalisierung“ bedroht. „Der Plan droht das Gefüge der globalen Arbeitsteilung zu sprengen.“ Nur ist das kein Problem, sondern Teil der Lösung. Interessanterweise nennt der Spiegel in seinem ca. tausendsten Anti-Trump-Artikel „Diese Steuer könnte die Globalisierung beenden“ 4 starke Gründe für die BAT:

  1. Importe werden teurer. Das „Parasiten-Geschäftsmodell“ (siehe oben) wird eingeschränkt.
  2. US-Produkte werden billiger.
  3. 1. und 2. zusammen bewirken zwar nicht genug, aber etwas mehr Arbeitsplätze – und vielleicht ein klein wenig höhere Löhne.
  4. Nicht mehr die Gewinne werden besteuert, sondern die Umsätze. Die Umgehung von Steuern durch Steueroasen ist nicht mehr möglich.

Die BAT geht also gleich zweifach in Richtung economy4mankind (e4m): Erstens geht sie am Arbeitsmarkt in Richtung der e4m-„Unterbeschäftigungssteuer“ und verknüpft Geschäfte mit Beschäftigung. Zweitens geht sie in Richtung der e4m-„Umsatzprovisionen“ und besteuert Umsätze statt Gewinne.

Wenn Trump Erfolg haben will, muss er nur das Konzept von economy4mankind umsetzen.

Trump “America first” vorzuwerfen, ist lächerlich. Alle Regierungschefs und Parteien werden dafür gewählt, in erster Linie die Interessen der Bürger des eigenen Landes zu vertreten. Das ist auch in Deutschland nicht anders, wie CDU-Fraktionschef Kauder zeigt:

trump amerika first deutschland zuerst

Erkenntnis: Ein Elefant im Porzellanladen kann die wichtigste Wahl der Welt gewinnen

Ich wurde im Wahlkampf immer wieder gebeten, zu Trump Stellung zu nehmen. Im Gegensatz zur wütenden Clinton-Presse haben wir Trump nicht beurteilt, bevor er überhaupt im Amt war. Mittlerweile gibt es Gründe, ihn skeptisch zu sehen, vor allem seine Auswahl der Minister. Aber wirklich passiert ist noch nichts außer Absichtserklärungen.

Auch ich habe ungläubig gestaunt, als er völlig unvorbereitet in TV-Duelle ging, (scheinbar) unprofessionell improvisierte und Sprüche raushaute, die jede andere Karriere in den USA und Europa beendet hätte. Es war faszinierend zu sehen, dass er wie ein Elefant im Porzellanladen scheinbar alles falsch machte, was man im Wahlkampf falsch machen kann. Und dann wurde er zum Großteil nicht trotz, sondern wegen „politischer Unkorrektheit“ gewählt. Das zeigt: Ein Elefant im Porzellanladen kann die wichtigste Wahl der Welt gewinnen. Zumindest, wenn die Gegner so närrisch sind, mit Bernie Sanders den besten Kandidaten seit Franklin D. Roosevelt zu haben und ihn auszubooten. Und stattdessen mit Hillary Clinton eine Kandidatin durchzudrücken, die so verabscheut wird wie selten ein Politiker zuvor – und die im Grunde genommen eine Republikanerin ist.

sanders vs republican clinton

Die Amerikaner müssen bestraft werden. Und das tun sie selbst

Die Amerikaner hatten mit Bernie Sanders den besten Kandidaten seit Franklin D. Roosevelt. Alle, die ihn nicht bei den Vorwahlen gewählt haben, haben alles verdient, was auch immer mit Trump kommen mag.

  • So, wie es aussieht, wird es nicht allzu viele neue Jobs durch die „Border Adjustment Tax“ (siehe oben) geben.
  • Die Löhne werden niedrig blieben. Die Lebensqualität wird für die unteren 80% weiter sinken.
  • An der Wall Street wird nach der Aufhebung der ohnehin kümmerlichen Regulierungen durch Obama das ganz große hemmungslose Zocken weiter gehen.
  • Die Staatsschulden werden wahrscheinlich explodieren.
  • Die Schulden der Privathaushalte werden weiter steigen
  • Vermutlich werden Sozialleistungen weiter gekürzt. Noch mehr Schwarze werden von Polizisten abgeknallt.
  • Noch mehr Schwarze landen in Gefängnissen.
  • Die Schere zwischen Arm und Reich wird höchstwahrscheinlich noch weiter auseinander reißen.
  • Die Bildung wird unter der neuen Bildungsministerin den Bach runter gehen.
  • Die Umwelt wird u.a. durch Fracking weiter verseucht.
  • Die Rechte der Ureinwohner werden wie bei der Dakota Access Pipeline mit Füßen getreten.
  • Lobbyisten machen sich den Staat zur Beute.

Aber je extremer Trump und die Republikaner das Land ausbeuten und die Wähler betrügen, desto besser:

Politische Physik: Das Pendel schwingt zurück – aber wie?

Jedes Mal, wenn ein politisches System oder Wirtschaftssystem zu extrem wird, schwingt das Pendel früher oder später zurück. Und je weiter es zuvor in eine Richtung gedrückt wurde, desto größer wird die Gegenkraft, die es schließlich in die Gegenrichtung schwingen lässt. Man könnte es als politische Physik bezeichnen. Enttäuschen die Linken, gewinnen anschließend die Konservativen, und umgekehrt (siehe „Das Karussell der Zwickmühlen-Verwaltungsparteien“ im Buch zu economy4mankind).

Kommunistische Staaten schwingen in Richtung Kapitalismus, und weil sie so weit entfernt von der Mitte waren, schwingen sie umso weiter in Richtung Kapitalismus, wie zum Beispiel China und Russland. Monarchien werden zu Republiken. Diktaturen werden zu Demokratien (z.B. Deutschland, Spanien, Italien), und umgekehrt (aktuell: Türkei).

Der Siegeszug, den der Kapitalismus seit 1990 erlebte, geht zu in vielen Ländern zu Ende. Immer mehr Menschen und als letzte sogar die „Systemmedien“ (hier passt der Begriff exakt) werden sich  zunehmend bewusst, dass die systembedingte Umverteilung von Konsumenten an Unternehmenseigentümer sehr wenige Gewinner und sehr viele Verlierer produziert. Deshalb ließen viele der Verlierer des Systems das Pendel bei der US Wahl weg von Clinton und hin zu Trump pendeln.

Entscheidend für Trumps Sieg war die bloße Hoffnung, die die Mittelschicht in ihn setzt. Wenn er die BAT (siehe oben) umsetzt, wird er zumindest ein wenig dieser Hoffnung erfüllen können, bzw. er wird im nächsten Wahlkampf damit werben können, dass er es zumindest versucht hat.

Wahrscheinlich wird Trump scheitern, weil die BAT viel zu wenig bringt. Dann schwingt das Pendel wieder in Richtung Democrats. Und dann ist der Weg frei für einen neuen Anlauf von Bernie Sanders. Falls er nicht mehr kandidieren will, gäbe es interessante Nachfolger wie Elizabeth Warren oder Tulsi Gabbard:

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