Alternative Wirtschaftssysteme im Vergleich

„Wenn das Gefühl stark ist, kommst du mit Fakten nicht mehr durch.“ (Prof. Horst-Eberhard Richter, Psychoanalytiker und Sozialphilosoph)

alternative Wirtschaftssysteme vergleichDie Welt braucht dringend und möglichst schnell ein alternatives Wirtschaftssystem. Denn auch der Kapitalismus ist gescheitert. Unter anderem durch:

Loslassen fällt schwer

Es fällt den meisten Menschen schwer, ein anderes Wirtschaftssystem in Erwägung zu ziehen. Schließlich ist der Mensch ein „Gewohnheitstier“, und jeder Systemwechsel bedeutet Chancen, aber auch ein Risiko. Den meisten Menschen muss es wirtschaftlich schon besonders schlecht gehen, bevor sie alternativen Wirtschaftssystemen eine Chance geben.

Und wer sich der erstbesten Idee an den Hals geworfen hat, lässt diese besonders ungern los. Schließlich hat man mehr oder weniger Zeit und Energie investiert, und das soll nicht umsonst gewesen sein. Deshalb sind Menschen, die sich für den Sozialismus / Kommunismus, alte BGE-Modelle, Freiwirtschaft, Gemeinwohlökonomie etc. begeistern, noch schwerer erreichbar also solche, die gerade beginnen, nachzudenken und dabei noch offen sind.

Für alle, die sich in der Marktwirtschaft sicher fühlen, gilt ebenso wie für die Reiter toter Pferde: „Wenn das Gefühl stark ist, kommst du mit Fakten nicht mehr durch.“

Killkriterien: Was muss ein alternatives Wirtschaftssystem können?

Bei dieser Frage gehen wir weiter als z.B. die Bundeszentrale für politische Bildung. Ein ernstzunehmendes alternatives Wirtschaftssystem muss die 3 Killkriterien ökonomischer und politischer Ideen erfüllen:

  1. Es muss die Probleme, die es adressiert, tatsächlich lösen. Und es darf keine nennenswerten neuen schaffen.
  2. Es muss umsetzbar sein.
  3. Es muss mehrheitsfähig sein. Selbst die beste Lösung wird nie Realität, wenn sie von der Mehrheit der Wähler abgelehnt wird.

Alle weiteren Kriterien sind Kombinationen oder Details dieser 3 Punkte. Gehen wir tiefer. Jedes Wirtschaftssystem muss:

  1. In einer großen Volkswirtschaft funktionieren – und nicht nur in kleinen Gemeinschaften.
  2. Die Menschen nicht gegen ihre Natur umerziehen wollen, sondern sie so nehmen, wie sie sind – mit all ihren psychischen Grundstrukturen. z.B.:
    • Gier
    • Ängste (Verlust,…)
    • Aversion gegen Unsicherheit
    • Selbsterhaltungstrieb
    • Fürsorge-Priorität für die eigene Familie
    • Unwille, solidarisch mit fremden Menschen zu handeln
    • etc.
  3. Ausreichend viele Menschen motivieren, so viel wie nötig zu arbeiten.
  4. Allen Menschen nutzen – auch den durchschnittlichen und schwachen.
  5. Auch ohne Wachstum funktionieren.
  6. Ausreichend sparsam mit knappen Ressourcen umgehen und Rohstoffe möglichst vollständig recyceln.
  7. Alle Menschen zumindest mit ausreichend vielen und ausreichend guten Gütern (inkl. Dienstleistungen) versorgen
  8. Alle Menschen mit der Möglichkeit ausstatten (Zahlungsmittel / Geld, …), um ausreichend viele Güter erwerben zu können.

Liste: Welche Wirtschaftssysteme gibt es auf der Welt?

Bei den nachfolgenden Systemen / Konzepten / Ideen erläutern wir Vorteile und Nachteile. Dabei sind auch Grenzfälle, die man nur bedingt als „System“ bezeichnen kann.

  1. Economic Balance System von economy4mankind: Nutzt marktwirtschaftliche Mechanismen. Besteht aus Modulen, die ineinander greifen:
  2. Soziale Marktwirtschaft: Kapitalismus mit Sozialstaat und einem mehr oder weniger großen Ausgleich für die Verlierer des Systems.
  3. New Deal: US-Vorbild der sozialen Marktwirtschaft von Franklin D. Roosevelt.
  4. Kommunismus / Sozialismus / Planwirtschaft
  5. Marktsozialismus
  6. Sharing Economy / Plattform-Ökonomie / „Kokonsum“: Personen oder Unternehmen vermieten ihr Eigentum (Autos, Wohnungen, etc.) gegen Geld. Plattformen wie Uber, Airbnb, Car2Go, etc. vermitteln das Vermieten freier Kapazitäten. Wird oft als Wirtschaftssystem bezeichnet, ist aber keins. Entweder wird geteilt. Dann fließt kein Geld. Dann ist es keine Ökonomie. Oder es wird gegen Geld vermietet. Dann ist es kein Teilen, sondern eine Vermietung über eine Plattform / Website.
  7. Gemeinwohl Ökonomie von Christian Felber (attac Österreich): Unternehmen werden auf Basis von „Gemeinwohl Bilanzen“ besteuert oder subventioniert. Die Bilanzen basieren auf größtenteils nicht messbaren und nicht objektiv vergleichbaren Selbsteinschätzungen der Unternehmen. Um einen Maximalwert zu erhalten, muss ein Unternehmen sämliche betrieblichen Daten inkl. Kalkulationen, Gehälter, Lieferanten etc. offen legen. Geschäftsgeheimnisse und Know How sind Open Source. Gewinne sind begrenzt. (mehr)
  8. Verantwortungseigentum: Kein Wirtschaftssystem, aber ein Baustein, der in andere Wirtschaftssysteme passt. Grundidee: Alle Unternehmen gehören sich selbst, wie Stiftungen, und sind weder verkäuflich noch vererbbar. Solche Unternehmen sind kein Staatseigentum, sondern Privateigentum, ähnlich einer Genossenschaft, in der der Gründer / Unternehmer die Entscheidungen trifft. Unternehmer leiten diese Unternehmen und erhalten auch eine angemessene, motivierende Vergütung. Ausschüttungen erfolgen nur an die eigenen Mitarbeiter. Zur Umsetzung bedürfte es lediglich einer neuen Rechtsform, die jedoch von den Regierungsparteien verhindert wird, um das System der Vermögenskonzentartion in den Händern der Oberschicht nicht zu gefährden. Mehr Infos finden Sie hier.
  9. Aktienmarktsozialismus von Giacomo Corneo: Der Staat wird per Zwangsversteigerung Mehrheitseigentümer aller Aktiengesellschaften, deren Sitz im eigenen Land liegt. Angestellte Manager führen die AGs wie Privatunternehmen, aber nach Vorgabe einer unabhängigen Institution namens „Bundesaktionär“. Der Bundesaktionär verlangt (wie private Aktionäre) Profitmaximierung. Die damit verbundenen Rationalisierungen, Automation etc. sollen weiterhin Massenarbeitslosigkeit verursachen. Die Arbeitslosen erhalten dann Geld aus den Profiten der AGs. Aktienspekulationen sollen beibehalten werden. GmbHs und andere Unternehmensformen sowie ausländische Unternehmen werden nicht berührt. Neoliberalismus / Marktradikalismus / Wachstumszwang bleiben erhalten.
  10. Staatliche Pensionsfonds: Staaten wie Norwegen, die große Gewinne mit Rohstoffen erzielen, legen die Profite in Pensions-/Aktienfonds an. Dessen Profite werden an die Bürger bzw. den Staat ausgeschüttet.
  11. Staatlicher Aktienbesitz
  12. Freiwirtschaft von Silvio Gesell
  13. Regiogeld (Variante des Freigelds)
  14. Bedingungsloses Grundeinkommen: Menschen erhalten bedingungslos Geld. Je nach Modell entweder als „Hartz IV ohne Sanktionen“ vom Staat (Umverteilung durch Mehrwert- oder Einkommensteuern) oder von der Wirtschaft (als Steuersparmodell und Beteiligung an der Wertschöpfung).
  15. Libertarismus: Je nach Variante wird der Staat entweder komplett abgeschafft oder auf das Justizsystem beschränkt. Statt durch Gesetze und Normen Schäden im Vorhinein möglichst zu verhindern, können Geschädigte die Verursacher verklagen, nachdem die Schäden eingetreten sind (siehe TTIP). Alles andere regelt der vollkommen freie Markt. In seiner reinen Form, dem Anarchokapitalismus (siehe nächster Punkt), eine Wildwestgesellschaft.
  16. Anarchismus / Anarchokapitalismus: Komplette Abschaffung von Staat, Gesetzen und Regeln. Steinzeitliche / postapokalyptische Gesellschaftsform, in der die Starken die Schwachen unterwerfen. Sozialsysteme existieren nicht.
  17. 100% Erbschaftssteuer-Umverteilung: Alle Erbschaften fallen zu 100% an den Staat. Dieser schüttet das Vermögen an alle Bürger aus.
  18. Vollgeld: Statt an Stellen X (Zentralbanken) und Y (Geschäftsbanken) wird Geld nur noch an Stelle X geschöpft. Die Geschäftsbanken nehmen bei der Zentralbank Kredite auf, sobald Kunden Kredite erhalten. Das Geld entsteht also wie bisher im Moment der Kreditvergabe – nur an anderer Stelle. Banken machen den gleichen Profit, da sie statt eigener Zinsen nun die Zinsen der Zentralbank plus Bearbeitungsgebühren nehmen. Fazit: Kein Effekt für Kunden / Kreditnehmer.
    Extreme Vollgeld-Vertreter fordern, dass Banken die Kredite der Zentralbank einfach nur ohne eigenen Profit durchreichen: Effekt: Niemand bietet mehr Kredite an. Das müsste die EZB übernehmen und eine gigantische Verwaltung aufbauen, um hunderte Millionen Kredite und Konten zu verwalten. Effekt für die Bürger: 1 Bank statt viele Banken, wahrscheinlich geringere Zinssätze.
  19. Selbst geschöpftes Geld (Wechsel / Schuldscheine): Es steht seit 1849 mit der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung bzw. seit 1933 mit dem Wechselgesetz jedem Bürger frei, mit Wechseln sein Geld selbst zu schöpfen. Da es niemand annehmen muss, nimmt es auch so gut wie niemand an (außer Kredithaien, Mafia etc.).
  20. Plan B: Von Andreas Popp, „Wissensmaufaktur“. Besteht aus 4 Teilbereichen BGE, Freigeld, Freiland sowie freiem Zugang aller Bürger zu den Massenmedien.
  21. Tauschwirtschaft: Hochgradig ineffiziente Art des Handels, den manche „Geldsystemkritiker“ wünschen. Mittelalterliches Marktkonzept ohne Tauschmittel Geld. Wer nichts zum Tauschen besitzt, muss sterben.
  22. Gütergemeinschaft: Alles gehört allen. Menschen schenken sich gegenseitig, was sie brauchen.
  23. Ressourcenbasierte Wirtschaft von Jacque Fresco: Radikal-utopische Variante des Kommunismus: Alle Menschen würden kostenlos aller erhalten, was sie benötigen. Geld gibt es nicht mehr. Auf wundersame Weise sind die Menschen ohne Gehalt motiviert, so zu arbeiten, als gäbe es ein Gehalt. Künftig gäbe es ein vollautomatisches Schlaraffenland, in dem Maschinen und Software, die allen gehören, alle Arbeiten erledigen. Wie das realisiert und koordiniert werden soll, bleibt vollends unklar.
  24. Star Trek Gesellschaft: Funktioniert laut einiger Episoden-Dialoge der Serie ohne Geld. Menschen würden sich nur noch selbst verwirklichen. Fakt ist: Die Finanzierung der Sternenflotte, die Gehaltszahlungen der Crews etc wurden lediglich nie angesprochen. Geld war hingegen auf praktisch jeder Außenmission nötig, sobald man ein Gut lokal erwerben wollte. Wie die Energie und die Rohstoffe der Replikatoren und Antriebe („Dilithium“ gab es nur auf fremden Planeten) beschafft wurden, war nie ein Thema, und in Quarks Bar auf Deep Space 9 erhielt sicherlich niemand von der Sternenflotte seine Getränke ohne die Bezahlung durch „goldgepresstes Latinum“. Wie die Ökonomie in der Sternenflotte funktionierte, hat Star-Trek-Schöpfer Gene Roddenberry nie erwähnt. Darin eine geldfreie, radikal-kommunistische Gesellschaft hineinzuinterpretieren und Star Trek als Beweis für die Machbarkeit einer geldlosen Gesellschaft anzuführen, hat keine Grundlage.

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